
Pflege als Beziehungsgeschehen zwischen Menschen weist eine Vielfalt an ethischen Bezugen auf. Diese zu beschreiben, empirisch zu verstehen und aus philosophisch-ethischer Sicht zu klaren hat sich seit gut 50 Jahren die Pflegeethik zum Ziel gesetzt. Heutzutage ist klar, dass mit diesem Begriff keine Sonderethik gemeint ist, die fur die Pflege ethisches Spezialwissen im Umgang mit pflegebedurftigen Menschen fur sich in Anspruch nimmt, oder gar einen «eigenen» ethischen Ansatz hat. Theda Rehbocks (2000) moralphilosophische Kritik, die vor 15 Jahren in dieser Zeitschrift formuliert wurde, behalt nach wie vor ihre Gultigkeit. Trotzdem bestreitet heute niemand, dass der Raum pflegerischen Denkens und Handelns spezifische ethische Fragen aufweist, die eine Pflegeethik als Bereichsethik pflegerischen Denkens und Handelns nicht nur legitimieren, sondern sogar erfordern. «Nursing Ethics» hat sich international als Reflexionsraum etabliert, der – wie das Editorial von Ann Gallagher zeigt – eine breite Forschungsaktivitat aufweist. Als ethische Stimme von der Pflege reflektiert heutige Pflegeethik eine Wirklichkeit, welche von zahlreichen Akteurinnen, Akteuren und Disziplinen mitgestaltet wird. In die ethischen Diskurse der Medizin, der Gesellschaft und der Politik eine ethische Expertise hineinzutragen, die in Auseinandersetzung mit der eigenen Praxis entstanden ist, ist ihre vordringlichste Aufgabe. Doch worin zeigt sich diese Expertise? Erstens zeigt sie sich im Umgang mit konfliktbeladenen Situationen des klinischen Alltags. Gerade hier wurden in den letzten Jahren interdisziplinare Grundlagen erarbeitet, welche dazu beigetragen haben, eine ethische Sprachfahigkeit zu entwickeln, die Probleme benennbar und bearbeitbar macht. Zweitens ist nebst der Orientierung an der «Losung» auch die Orientierung am «Verstehen» ein groses Thema der Pflegeethik, vor allem in Pflegesituationen, die von Verletzlichkeit gepragt sind und in denen sich Menschen in Grenzsituationen des Lebens befinden. Drittens findet sich in der Pflegeethik immer wieder eine Auseinandersetzung mit Aspekten der Organisationskultur, der interprofessionellen Wahrnehmung und Anerkennung. Und viertens zeigt sich der ethische Diskurs auch in der Lehre, Forschung und Wissenschaft: Wissenschaftliche Integritat erscheint hier als genuin ethisches Postulat, das sowohl die Generierung als auch die Vermittlung von Wissen anbelangt. Auch in der Pflegeethik ist ein zunehmender Trend zu empirischen Arbeiten zu beobachten: Sie tragen dazu bei, Pflegeethik empirisch zu untermauern und Kontexte sichtbar zu machen, in denen Pflege stattfindet. Was sie freilich nicht leisten konnen, ist vom empirisch Beobachteten auf das ethisch Richtige zu schliesen. Das Verhaltnis von Empirie und Normativitat stellt auch ein spannendes Diskussionsfeld heutiger Pflegeethik dar: Ob im Zusammenhang mit Pravalenzmessungen zu moralischem Stress, kontrollierten Interventionen zur moralischen Sensibilitat, Querschnittserhebungen zur Einstellung zur Suizidbeihilfe oder der Evaluation ethischer Fallbesprechungen – immer ist es die Zusammenschau von empirisch Beobachtbarem, vorhandenen Wertuberzeugungen der Beteiligten und anerkannten ethischen Normen, welche eine «ethische Triangulation» erst er
10222 Institute of Biomedical Ethics and History of Medicine, 610 Medicine & health, 2900 General Nursing
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