
doi: 10.25365/thesis.7611
J.K. Rowling berühmter Harry Potter und Harry Wharton aus Frank Richards‘ „Greyfriars“ Serie (1908 – 1940) sind zwei bekannte, zu unterschiedlichen Zeitpunkten entstandene Charaktere aus dem Genre der englischen Internatsliteratur. Allerdings entwickeln sich die beiden Harrys in ihren Geschichten – trotz ihrer Namensverwandtschaft und manchmal sehr ähnlichen Handlungselemente – zu zwei völlig verschiedenen Helden. Ursprünglich ähneln sich die beiden Protagonisten; sie kommen aus angesehenen Familien und beide haben ihre Eltern verloren. Sie wohnen bei Verwandten, sind aber unerwünscht. Beide besuchen ein Internat, wo sie sich zu Helden entwickeln. Die Wege dieser Entwicklung sind aber unterschiedlich gestaltet. Als ich die erste Szene las, empfand ich, dass – obwohl die Charaktere gewissen Ähnlichkeiten haben – Harry Whartons Handlungen anfangs eher abstoßend war als Sympathie erzeugten, während ich für Harry Potter Mitleid empfand. Bei näherer Betrachtung der Texte stellte ich fest, dass man den Anfang beiden Serien neu formulieren, die jeweiligen Handlungselemente beibehalten, aber trotzdem die Lesersympathie in einen beliebten Harry Wharton und einen verachtenswerten Harry Potter umkehren könnte. Meine Faszination mit der Fähigkeit der Sprache, Gefühle zu manipulieren, wurde zum Ausganspunkt meiner Arbeit. Gegenstand der vorliegenden Analyse ist daher die Frage, ob und/ oder wie sich literaturwissenschaftliche Eindrücke sowie meine eigene Leseerfahrung bezüglich der beiden Helden auf der sprachlichen Ebene abzeichnen. Von beiden Texten werden jeweils vier Textausschnitte wichtiger Szenen untersucht, nämlich der Buchanfang, die Charakterbeschreibung, der Höhepunkt und eine genretypische Szene, in der sich die ganze Schule gegen den Protagonisten stellt. Ich verwende das von Leech und Short in Style in Fiction entwickelte Modell zur stilistischen Analyse, aber gleich zu Beginn der Untersuchung stelle ich jedoch fest, dass die Erzählperspektive eine zentrale Bedeutung in der Untersuchung spielt. Demzufolge analysiere ich die Erzählperspektive jedes Textausschnitts mit Paul Simpsons ‚interpersonellem‘ Modell und dem ‚strukturalistischen‘ Modell nach hauptsächlich von Mieke Bal, S. Rimmon-Kenan und Micheal Toolan, und nehme anschließend eine stilistische Analyse vor, bevor im abschließenden Kapitel beide Protagonisten verglichen werden. Die Analyse ergibt, dass Erzählmodus und –stimme eine entscheidende Auswirkung auf die Rezeption des Charakters haben. Der Erzähler von Harry Wharton bewegt sich zwischen interner Fokalisierung und extradiegetischem Erzählen. Oft kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, wo sich der Erzähler positioniert. Diese Erzählstrategie verleiht auch Beobachtungen und Meinungen, die von Nebenfiguren ausgehen könnten, Autorität und erlaubt dem Erzähler, kritische Meinungen zu Harry Wharton abzuschwächen. Der Erzähler von Harry Potter ist am Anfang sehr präsent und präsentiert sich dem Leser als ein Freund, dessen Meinung er uneingeschränkt glaubt. Im Laufe der Erzählung allerdings erlaubt der Erzähler, Harry Potter seine eigene Geschichte zu fokalisieren, und fordert damit den Leser auf, sich mit dem Protagonisten zu identifizieren. Letztlich konnte ich meine Leseeindrucke durch die linguistische Analyse beweisen und damit begründen, dass Harry Potter im Vergleich zu Harry Wharton als ein eher passiver Held erscheint.
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